Title : Im Schmetterlingsreich
Author : Sibylle Olfers
Release date : August 12, 2018 [eBook #57677]
Language : German
Credits
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Anmerkungen zur Transkription
Das Original ist in Fraktur gesetzt.
von
Sibylle v. Olfers
Verlag von J. F. Schreiber
Esslingen und München
Weit, weit von hier ist das Reich der Schmetterlinge. Das Schmetterlingsvolk ist ein sehr fröhliches und glückliches Volk. Die Kinder dieses Reiches, welche dort Puppen genannt werden, spielen den größten Teil des Tages vergnügt in den herrlichen Gärten. In letzteren duftet es wundervoll, denn nichts lieben die Schmetterlinge so wie Blumen, von denen man dort die prächtigsten Sorten findet.
Außer den »Puppen« (das sind die größeren Kinder) gibt es im Schmetterlingsreich auch ganz kleine Babys, die aber dort »Räupchen« genannt werden.
Frau Seidenspinner und Frau Bär müssen auf die kleinen Räupchen aufpassen und ihre Saugfläschchen mit grünem Blättersaft füllen.
Die Puppen dürfen aber nicht den ganzen Tag faulenzen, sie müssen auch zur Schule. Bei Fräulein Libelle haben sie jeden Tag Tanzstunde, und zwar müssen sie auf dünnen Stengeln und Grashalmen gehen und tanzen lernen.
Am 21sten März, wenn der Frühling Geburtstag hat, bekommen die Puppen ihre Flügel. Die Frühlingssonne schickt sie ihnen durch ihre ersten Bedienten, die Sonnenstrahlen, welche mit ihren goldenen Lanzen in das Schmetterlingsreich eindringen. Ist das ein Jubel und Durcheinanderlaufen! Jedes will seine Flügel zuerst haben.
Die Kohlweißlinge und Zitronenfalter, als die Artigsten, dürfen zuerst in die Welt hinaus. Glückselig fliegen sie durch die milde, weiche Frühlingsluft.
Nach einiger Zeit dürfen auch die übrigen Schmetterlinge hinaus. Und bald gaukelt es in der Luft von Pfauenaugen, Schwalbenschwänzen, Füchsen, Admiralen und vielen anderen Schmetterlingen. Wie groß ist die Freude des Wiedersehens, das könnt ihr euch denken.
Vor Freude veranstalten die Nachtschmetterlinge des Abends einen großen Fackelzug, wozu auch die Tagschmetterlinge, die ja sonst früher zu Bett müssen, eingeladen sind.
Wie sieht das hübsch aus, wenn die ganze Schar so durch die Luft zieht. Wenn es auch kein Mensch gesehen hat, so haben es doch die Glockenblumen gesehen, die am Feld- oder Waldesrand schliefen und von dem leisen Flügelschwirren aufgewacht sind, und die haben es mir erzählt.